Zum allerersten Mal entdeckten wir die Vierblättrige Einbeere letztes Jahr während einer unserer Wanderungen auf der Schwäbischen Alb. In einem sehr schattigen Waldstück fiel mir die Pflanze wegen ihrer ungewöhnlichen Blattstellung auf.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Die Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia) wurde 2022 von der Loki Schmidt Stiftung zur Blume des Jahres gekürt. Die Aktion „Blume des Jahres“ wurde 1980 von der verstorbenen Ehefrau des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt ins Leben gerufen. Die Stiftung will damit auf Wildpflanzen hinweisen, die vom Aussterben bedroht sind. Im letzten Jahr trug der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) den Titel.

Durch die diesjährige Wahl der Einbeere möchte die Stiftung zum Schutz alter, naturnaher Wälder aufrufen, die Pflanzen und Tieren auch langfristig einen Lebensraum geben und die für die Ausbreitung notwendige Zeit.

Auch die Einbeere sollte an ihrem Standort ungestört sein, um sich verbreiten zu können. Da sie pro Pflanzentrieb nur eine einzige Beere ausbildet, ist ihre Vermehrung über Samen sehr begrenzt. Zusätzlich kann sie sich über unterirdische Rhizome (ähnlich wie Leberblümchen oder Buschwindröschen) ausbreiten, was natürlich viel, viel Zeit braucht.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Ich freute mich riesig, als ich Mitte April die kleine, beinahe etwas unscheinbare Blume dann auch bei uns im Plattenwald fand. Man konnte schon gut die vier quirlständigen Blätter erkennen.

Die Vierblättrige Einbeere ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von etwa 10 bis 30 Zentimeter erreicht. Die unterirdische Rhizome (Sprosse) kriechen waagrecht und können bis zu 14 Jahre alt werden.

Achtung: Alle Teile der Vierblättrigen Einbeere sind giftig, insbesondere aber die blauschwarzen, heidelbeerähnlichen Beeren! Sie enthalten giftige Saponine und Glykoside.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Hier könnt ihr wunderbar sehen, wie die Einbeere aus der Mitte des Stängels ihre Blüte austrieb. Das Foto hatte ich am 17. April gemacht.

Immer wieder kam ich auf meinen Spaziergängen vorbei und konnte so die Entwicklung der Blume verfolgen.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Gegen Ende April hatte sich die grüne Blüte dann voll entwickelt. Man konnte sehr schön die 4 äußeren, etwas breiteren und die 4 inneren, fadenförmigen Blütenblätter erkennen. Auch die 8 gelben Staubbeutel und den schwarzen Fruchtknoten sah man deutlich.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Die Vierblättrige Einbeere bevorzugt feuchte, nährstoffreiche, humose Böden und zeigt Grund- oder Sickerwasser an. In krautreichen Eichen- und Buchenwäldern, in Auen- oder Nadelmischwäldern findet man sie häufig in größeren Gruppen.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Was ich sehr interessant finde: Die Einbeere bietet ihren Bestäubern keinen Nektar an, sie ist vermutlich eine sogenannte „Fliegentäuscheblume“. Der glänzende, schwarze Fruchtknoten soll verwesendes Fleisch vortäuschen und damit Fliegen anlocken. Die Einbeere kann aber auch vom Wind bestäubt werden.

Das obere Foto hatte ich am 06. Juni gemacht. Zu dieser Zeit hatte die Beere ihre volle Größe von etwa 1 cm erreicht.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Auch über die Bedeutung und Geschichte von Pflanzen nachzulesen, finde ich immer sehr spannend.

Wie kam wohl die „Paris quadrifolia“ zu ihrem Namen? Bei der Artbezeichnung war die Lösung klar: „quadrifolia“ bedeutet einfach „vierblättrig“.

Beim lateinischen Namen „Paris“ war es schwieriger, etwas herauszufinden. In „Was blüht denn da?“ (von Spohn, Goldte-Bechtle, Spohn) las ich, dass „Paris“ eventuell mit einer Begebenheit aus der griechischen Mythologie in Zusammenhang stehen könnte. Der Jüngling Paris musste den Zank um den „Erisapfel“ entscheiden. Beim „Parisurteil“ war er von 4 Gottheiten umgeben – ähnlich wie die Einbeerenblüte oder -frucht, die von den 4 Blättern umgeben ist.

Vielleicht hat jemand von euch noch eine Idee dazu?

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Die ganze Pflanze wurde früher in der Volksmedizin u. a. als Mittel gegen ansteckende Krankheiten, zur Behandlung von eiternden Geschwüren und Pestbeulen angewandt (daher vermutlich auch der Name „Pestbeere“).

Die westliche Schulmedizin nutzt die Einbeere nicht mehr. In der Homöopathie und der traditionellen chinesischen Medizin ist sie dagegen eine geschätzte Pflanze.

An dieser Stelle nochmals: Bitte niemals Selbstversuche mit dieser in allen Teilen giftigen Pflanze!!!

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Die kleine Waldblume kommt bei uns in Baden-Württemberg glücklicherweise noch relativ häufig vor, aber ihre Bestände gehen überall zurück. In vielen Bundesländern steht sie bereits auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen.

Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

Mit Harals Gesundheitswandergruppe hatten wir in den letzten Wochen noch weitere Stellen entdeckt, an denen die Vierblättrige Einbeere wächst.

Das Pflänzchen erscheint auf den ersten Blick unspektakulär. Erst beim genaueren Betrachten erkennt man seine Besonderheiten.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und unserer Natur eine große Portion Regen!

Herzliche Grüße von

Regina