Ohhh, wo bleibt er nur, der Frühling? Der April macht seinem Ruf launenhaft zu sein alle Ehre. Um unseren Garten frühlingsfein zu machen, mussten wir einzelne regenfreie Tage rauspicken.
Wie schön, dass am vergangenen Wochenende die Sonne schien, so dass wir eine entspannte, kleine Tour von Oppenweiler zur Gertrudenbank machen konnten. Der Rückweg führte uns durchs idyllische Rohrbachtal.
„Wenn ich ein Vogel wäre, würde ich in diesem grandiosen Gestrüpp ganz sicher mein Nest bauen…“ – Wildnis ist eben Ansichtssache.
Wie es in den Sträuchern entlang des Heckenweges summte! Die Schlehen (Prunus spinosa) standen in voller Blüte.
Habt ihr schon mal eine Schlehenblüte gekostet? Sie schmecken wunderbar mandelig, ein bisschen nach Amaretto.
Eine Wegwarte (Cichorium intybus) „wartend“ am Wegesrand – wie passend. Wegwarten mögen einen durchlässigen, lehmhaltigen und nährstoffreichen Boden. Ihr Wuchs mutet zuerst ein wenig sperrig an. Wenn sie dann im Sommer ihre hellblauen Blüten öffnet, bekommt sie einen durchaus bezaubernden Charakter.
Apropos, nach der Wegwarte könnte man die Uhr stellen: Pünktlich um 5.00 Uhr öffnet sie am Morgen ihre Blüten und spätestens um 15.00 Uhr werden sie geschlossen und welken. Darum hatte Carl von Linné die Wegwarte auch in seine Blumenuhr mit aufgenommen.
Auch eine Königskerze (Verbascum) hatte sich direkt am Weg platziert. Sie gehört zu den Braunwurzgewächsen und mag sonnige, eher trockene und steinige Stellen.
Ich denke, dass es eine Kleinblütige Königskerze (Verbascum thapsus) werden wird. Im oberen Foto seht ihr die Blattrosette im 1. Jahr. Erst im kommenden Jahr wird sich dann der lange, dichte Blütenstand mit den gelben Blüten ausbilden.
An den geschützten Stellen zwischen den Heckenmäuerchen können sich die Pflänzchen gut entwickeln. Auch die noch kleine Brombeere wird sich hier ausbreiten und bald alles überranken.
Unser Weg führte über die alten Streuobstwiesen…
Die Kirschen (Prunus avium) hatten ihre weißen Blüten geöffnet.
„Himmelsschlüssele“ nannte meine Oma die Echte Schlüsselblume („Wiesen-Schlüsselblume“ – Primula veris).
Man kann sie gut von der Hohen Schlüsselblume („Wald-Schlüsselblume“ – Primula elatior) unterscheiden: Die dottergelben Blüten der Echten Schlüsselblume duften stark und wenn man genau schaut, kann man fünf kleine, orangefarbene Flecken (Saftmale) im Schlund der Blüte erkennen. Der Blütenkelch ist blassgrün, bauchig, glockig und liegt nicht direkt an der Blüte an.
Wichtig: Die Echte Schlüsselblume steht unter Naturschutz. Also nicht pflücken, sondern lediglich betrachten und freuen.
Auf den Wiesen wuchs die hochgiftige Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), eine der „Verwechslerpflanzen“ des Bärlauchs, in Massen.
Wichtig: In Bereichen wo Wiese und Wald ineinander übergehen, heißt es achtsam sammeln und jedes Blatt genau anschauen!!!
HIER kommt ihr zum Bärlauch und seinen giftigen Verwechslern.
Unser Weg führte uns in lichten Buchenwald…
Die ersten zartgrünen Blättchen der Hainbuche sind für mich der pure Frühling!
Die Hainbuche (Carpinus betulus) gehört zur Pflanzenfamilie der Birkengewächse (Betulaceae) und ist, entgegen ihres Namens, nicht näher mit der Rotbuche verwandt.
Hainbuchen sind einhäusig getrenntgeschlechtlich. Das bedeutet, dass man auf einer Pflanze sowohl männliche als auch weibliche Blüten findet.
Bei den hängenden Kätzchen handelt es ich um die männlichen Blüten. Sie erscheinen kurz vor dem Blattaustrieb.
Endlich kann ich euch mal einen Riesen-Bärenklau bzw. eine Herkulesstaude (Heracleum giganteum) zeigen! Bei uns im Wald hatte ich noch nie einen entdeckt. Hier hatten gleich mehrere Exemplare mitten auf dem kleinen Pfad ausgetrieben. Da musste ich natürlich ein Foto für euch machen.
Im ausgewachsenen Zustand kann der Riesen-Bärenklau eine Höhe von bis zu 3 Metern erreichen. Wirklich riesig!
2008 war er Giftpflanze des Jahres. Bei meinen Touren betone ich immer, dass man bei den Doldenblütengewächsen (Apiaceae) sehr vorsichtig sein muss, da es in dieser Pflanzenfamilie einige sehr giftige Arten gibt.
Verwechseln könnte man den Riesen-Bärenklau mit anderen Doldenblütlern wie dem Wiesen-Bärenklau oder der Wald-Engelwurz.
Das Gefährliche am Riesen-Bärenklau ist, dass er photosensible Substanzen (sog. Furanocumarine) bildet, die in Kombination mit Sonnenlicht phototoxisch wirken. Berührungen in Verbindung mit Tageslicht können zu schmerzhaften Blasen führen, die wie Verbrennungen aussehen und ganz schlecht heilen.
Also enorm wichtig: Unbedingt Abstand halten und keinesfalls berühren, wenn ihr diese Pflanze seht!!!
Ein kleines Stückchen weiter gab es auf dem Waldboden Unmengen von Keimlingen der Rotbuche (Fagus sylvatica). Wegen ihrer Form nennt man sie auch „Elefantenohren“ – nett, oder?
Schaut, hier sieht man super, wie sich die Keimlinge aus den Bucheckern entfalten: Rotbuchenkind mit Hütchen 😉 .
Die Keimlinge kann man essen. Sie sind sehr gesund und richtig knackig. Ein bisschen nussig schmecken sie, leicht säuerlich und man spürt die Gerbstoffe auf der Zunge.
Ihr braucht euch keine Sorgen um den Fortbestand der Rotbuche zu machen, wenn ihr ein paar der Keimlinge pflückt. Sie sprießen gerade in Massen um ihren „Mutterbaum“ herum.
So wanderten neben Knoblauchsrauke, Giersch, Waldsauerklee, Bärlauch, Wiesen-Bärenklau usw. auch ein paar der „Elefantenohren“ in unsere Papiersammeltüte.
Ach ja, auf dem oberen Foto seht ihr im Vergleich die deutlich kleineren Keimlinge der Hainbuche (Carpinus betulus).
Die Keimlinge der Hainbuche könnte man theoretisch auch essen. Ich finde allerdings, dass sie seeehr „gerbstoffig“ schmecken und sie sind einfach richtig, richtig winzig.
Neben üppigen Brennnesselbeständen hatten wir noch wunderschönes Klettenlabkraut entdeckt. Wir ernteten ein Tütchen für unseren Klettenlabkraut-Brennnessel-Smoothie, den wir uns gerade jeden Morgen zubereiten.
Dann sahen wir eine große Fläche mit Vierblättriger Einbeere (Paris quadrifolia). Die Giftpflanze war im letzten Jahr Blume des Jahres.
Man findet die Einbeere ziemlich häufig in krautreichen Eichen- und Buchenwäldern, in Auen- oder Nadelmischwäldern. Sie mag feuchte, nährstoffreiche, humose Böden und zeigt Grund- und Sickerwasser an.
HIER hatte ich etwas ausführlicher über sie geschrieben.
Direkt daneben entdeckten wir die Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum) – ja genau, schon wieder eine Giftpflanze!
Man sieht, wie nah Heil- und Giftpflanzen nebeneinander wachsen und wie wichtig es ist, die Sammelregeln zu beachten.
Darum: Nur Pflanzen sammeln, die man zu 100 % erkennt und dabei sehr achtsam vorgehen!!!
Sämtliche Pflanzenteile der Polygonatum sind giftig, vor allem die Beeren (sie enthalten Saponine und andere Giftstoffe).
Die Weißwurz gehört, genau wie das Maiglöckchen, zur Familie der Spargelgewächse (Asparagaceae).
Auch sie mag krautreiche Buchen-, Eichen- oder Nadel-Mischwälder.
Irgendwie hatten wir auf unserer Wanderung mit allerlei Giftigem zu tun. Von diesem kleinen Knilch, der uns über den Weg krabbelte, sollte man sich besser auch fernhalten.
So schön das Maiwurm-Männchen auch glitzert, so giftig ist es. HIER kommt ihr zu unserem Maiwurm-Post.
Und nochmal eine Blume, die man nicht verzehren sollte! Die Sumpfdotterblume (Caltha palustris) fanden wir auf einer feuchten Wiese. Sie bevorzugt nährstoffreiche Sumpfwiesen, Bruch- und Auenwälder.
Da in der Vergangenheit immer mehr Feuchtwiesen trocken gelegt und Bachläufe begradigt wurden, ist die Sumpfdotterblume bei uns sehr selten geworden. In Baden-Württemberg steht sie bis jetzt noch nicht auf der Roten Liste.
Die Blütezeit der Sumpfdotterblume beginnt schon im März. Dadurch ist sie eine sehr wichtige Nahrungsquelle für Insekten, die schon früh im Jahr aktiv sind.
Sie gehört zur Pflanzenfamilie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae), enthält wie alle Pflanzen dieser Familie Protoanemonin und ist dadurch leicht giftig.
Dann fanden wir den Großen Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis). Er gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae) und ist eine typische Art wechselfeuchter Nass- oder Moorwiesen.
Vielleicht kennt ihr seinen Bruder den Kleinen Wiesenknopf (Sanguisorba minor), den man bei uns häufiger findet. Meine Mutter liebte ihn, weil seine Blätter und Blüten so fein nach Gurke schmecken – super in Salat oder Quark!
Der Große Wiesenknopf ist überlebenswichtig für eine gefährdete Schmetterlingsart: Den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der Schmetterling legt seine Eier an den Blüten des Wiesenknopfs ab, wovon sich seine Larven später ernähren.
In der Volksheilkunde wurden Kraut und Wurzel aufgrund des Gerbstoffanteils zur Wundbehandlung sowie gegen Durchfall eingesetzt.
Der botanische Gattungsname Sanguisorba (sanguis für Blut und sorbere für einsaugen) weist auf eine blutstillende Wirkung hin.
Auch die blutrote Farbe der Blütenköpfchen galt gemäß der Signaturenlehre als Zeichen für die blutstillenden Eigenschaften der auch Blutströpfchen genannten Pflanze.
Zurück ging es über Feuchtwiesen in den kleinen Auenwald des Rohrbachtals. In diesem idyllischen Bereich des Landschaftsschutzgebiets hört man nichts außer den Geräuschen der Natur. Zauberhaft im Frühling!
Im sogenannten „Waldrefugium“ wird der Wald sich selbst überlassen. Es werden lediglich Eingriffe zur Verkehrssicherheit gemacht.
In diesem komplett unbewirtschafteten Waldstück leben viele Tierarten, die auf einen „alten“ Wald angewiesen sind.
Meine Güte, wie schön es hier war! Das Plätschern des Baches, das Sonnenlicht…
Bärlauch, Bitteres Schaumkraut (falsche Brunnenkresse), das Gelbe Windröschen, Aronstab, Giersch und Scharbockskraut… Es gab so viel zu entdecken!
Auch dem Gundermann (Glechoma hederacea) gefiel es an einer etwas trockeneren Stelle.
Hier hätten wir ewig auf einem Baumstamm sitzen können, nur um zu beobachten und zu lauschen!
Ganz am Ende unserer Wanderung pflückten wir auf einer Wiese noch eine kleine Handvoll Veilchenblüten. Vielleicht als kleine Farbtupfer für unser Abendessen?
Zuhause bereiteten wir aus den unterschiedlichen Kräutern, die wir gesammelt hatten, aus Baumblättern und den Rotbuchen-Keimlingen unser Abendessen zu.
Absolut spannend, die Aromen! Mit wilden Pflanzen zu kochen hat etwas sehr Kreatives und macht riesigen Spaß! Auch das Dressing schmeckten wir noch „waldig“ ab.
Der „Waldsalat“ war derart lecker, das Rezept bekommt ihr im nächsten Post!
Bis bald, meine Lieben!
Fühlt euch gedrückt von
Regina
Disclaimer: Wer selbst Wildkräuter und -pflanzen sammelt und nutzt, muss in der Lage sein, die Pflanzen eindeutig zu erkennen. Bei Unsicherheit ist von der Nutzung unbedingt abzusehen! Die auf unserer Seite zur Verfügung gestellten Informationen sind sorgfältig zusammengetragen und recherchiert. Die vorgestellten Hausmittel und Rezepte ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Anwendung bei Babys, Kindern und Schwangeren sollte nur mit vorheriger Abklärung durch einen Arzt erfolgen. Bei unklaren, akuten, schweren und anhaltenden Gesundheitsbeschwerden reichen Hausmittel nicht aus und es sollte ein Arzt konsultiert werden. Das Nachmachen der Rezepte und die Anwendung unserer Tipps geschieht auf eigene Verantwortung.