Schon immer begeistern mich die Aromen wilder Kräuter. Viele sind sehr speziell und nahezu unvergleichlich. Mancher Geschmack ähnelt dem „zahmer“ Gartenkräuter und ist doch eine Nuance anders.

Ich liebe es, beim Kochen und Backen herauszufinden, wozu die Kräutlein am besten passen.

Alblinsen-Curry mit Wiesen-Kerbel

Seit einiger Zeit bin ich auf der Suche nach einem Wildkraut, das wie Koriandergrün schmeckt. Bei den Gartenkräutern wäre es vermutlich eine Mischung aus Estragon, Dill und Kerbel.

Bei den Wildkräutern ist es nach meinem Empfinden der Wiesen-Kerbel, der am ehesten in diese Geschmacksrichtung geht. Nur die leicht zitronige, moschusartige Note des Korianders (die manche auch als „seifig“ beschreiben) fehlt ihm leider.

Das Aroma des Wiesen-Kerbels ist angenehm, etwas anisartig, erinnert an Fenchel, Petersilie, Karotte oder Sellerie.

Wiesen-Kerbel

Der Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris) liebt frische, nährstoffreiche, tiefgründige Ton- und Lehmböden. Ihr findet ihn an Wegrändern, Heckensäumen, auf Fettwiesen und grasigen Hainen.

Ein bisschen erinnern mich die hellgrünen, fein gefiederten Blätter immer an Farnblätter.

Volksmedizinisch wird der Wiesen-Kerbel schon lange wegen seiner entzündungshemmenden, verdauungs- und stoffwechselfördernden Eigenschaften geschätzt. Er eignet sich beonders gut für blutreinigende Frühjahrskuren, lindert Beschwerden der Verdauungswege und kann auch äußerlich gegen Entzündungen und Ekzeme angewendet werden.

Das Flavon-Glykosid Apiin, ätherisches Öl, Bitterstoffe und Cumarine sind nur einige seiner Inhaltsstoffe.

Wiesen-Kerbel

Von April bis August bereichern seine zarten Blätter und jungen Triebe Salate und Wildgemüsegerichte. Ihr könnt sie roh verwenden oder auch mitgaren.

Ganz frische Blattstiele können entfasert und fein geschnitten verzehrt werden.

Die Blüten sind eine absolute Delikatesse, finde ich. Ab Mai bis weit in den August hinein könnt ihr sie als Dekoration auf Salaten verwenden, in Teig ausbacken oder als Antipasti würzig einlegen.

Eine Besonderheit sind die Samen des Wiesen-Kerbels. Sie sind ein nach Anis schmeckendes Gewürz, dass man verbacken oder auch zu Sprossen keimen lassen kann.

Ab September und während des Winters, können auch die Wurzeln gestochen und geraspelt werden. Das habe ich allerdings noch nicht ausprobiert. Ihr Geschmack soll etwas scharf sein.

Wiesen-Kerbel

Bitte beachtet unbedingt:

Der Wiesen-Kerbel gehört zur Pflanzenfamilie der Doldenblütler (Apiaceae), unter der es auch tödlich giftige Vertreter gibt. Den Wiesen-Kerbel kann man mit dem hochgiftigen Gefleckten Schierling (Conium maculatum) und der ebenso letal giftigen Hundspetersilie (Aethusa cynapium) verwechseln. Darum erntet den Wiesen-Kerbel nur, wenn ihr die Pflanze 100%ig sicher bestimmen könnt!!!

Wiesen-Kerbel

Im Folgenden zeige ich euch die wichtigsten Bestimmungsmerkmale des Wiesen-Kerbels.

Wenn ihr trotzdem unsicher seid – Hände weg vom Wiesen-Kerbel oder anderen Doldenblütlern, die giftige Verwechsler haben!!!

Wiesen-Kerbel

Die Blätter beim Wiesen-Kerbel sind wechselständig an der Sprossachse der Pflanze angeordnet und zwei- bis dreifach gefiedert.

Nun, was bedeutet gefiedert? Die Blätter sind aus sehr vielen kleinen Blattabschnitten zusammengesetzt. Um bestimmen zu können, wie oft das Blatt gefiedert ist, schaut man sich die Verzweigungen der Blätter ganz genau an.

Oben seht ihr die 1. Verzweigung bei einem Wiesen-Kerbel-Blatt, die rechts vom Blattstiel abzweigt. Das ist die sogenannte „Fieder 1. Ordnung“.

Wiesen-Kerbel

Ist diese Seitenfieder wiederum verzweigt, spricht man von der „Fieder 2. Ordnung“.

Wiesen-Kerbel

Wenn diese dann nochmals verzweigt ist, bezeichnet man das als „Fieder 3. Ordnung“.

Wiesen-Kerbel

Die gesamte Blattspreite des Wiesen-Kerbels hat eine Länge von 15 bis 30 cm, ihr Umriss ist dreieckig. Die Blattränder sind gezahnt.

Sehr wichtig: Der Geruch der Blätter ist beim Zerreiben angenehm und erinnert an Petersilie.

Blattstiel des Wiesen-Kerbels

Ein charakteristisches Merkmal zur Erkennung des Wiesen-Kerbels ist der Blattstiel. An seiner oberen Seite zeigt er eine markante Furche, deren Form einer Dachrinne ähnelt (auf dem Bild ist der Blattstiel rötlich getönt. Diese Färbung zeigt, dass die Pflanze Anthocyane gebildet hat, um sich vor intensiver Sonneneinstrahlung zu schützen).

Hohlraum im gerillten Stängel des Wiesen-Kerbels

Ein weiteres, wichtiges Erkennungsmerkmal ist sein Stängel: Er ist kantig gefurcht, gerillt (gerieft) und zeigt einen typischen Hohlraum über seine ganze Länge hin.

Die Farbe ist grün – NIEMALS rotfleckig!!!

Doppeldolden des Wiesen-Kerbels

Nun kommen wir zur Blüte …

Die Blütenstände der Pflanzenfamilie der Doldenblütler (Apiaceae) sind in der Regel vielstrahlige Doppeldolden.

Früher war die Bezeichnung für Doldenblütler „Umbelliferae“, was übersetzt „Schirmträger“ bedeutet. Und tatsächlich erinnern die Dolden an kleine, aufgespannte Schirme.

Skizze einer typischen Doppeldolde bei Doldenblütlern

Zum besseren Verständnis der Begriffe habe ich die typische Doppeldolde eines Doldenblütlers für euch skizziert.

Man sieht deutlich, dass bei einer Dolde alle Strahlen exakt dem gleichen Punkt entspringen. Bei einer sog. Doppeldolde zweigen wiederum von einem Punkt ausgehend weitere Strahlen, die „Döldchen“ mit den einzelnen Blütchen ab.

Stehen am Grunde einer Dolde (an dem Punkt von dem die Strahlen ausgehen) Tragblätter, bezeichnet man diese als „Hülle“. Auch am Grunde der Döldchen können Tragblätter stehen. Diese werden dann (netterweise) „Hüllchen“ genannt.

Doppeldolde des Wiesen-Kerbels

Lasst uns die Blüte des Wiesen-Kerbels genauer betrachten:

Seine Dolden sind 8 bis 16-strahlig. Die Blütenblätter sind weiß.

Doppeldolde des Wiesen-Kerbels

Jede einzelne Blüte besteht aus 5 winzigen Blütenblättern mit einem mittigen Griffelpolster (Diskus), das flüssigen Nektar absondert.

Doppeldolde des Wiesen-Kerbels mit spitzen, behaarten "Hüllchen"

Der Wiesen-Kerbel hat KEINE Tragblätter („Hüllen“) am Grunde der Dolde!!!

Wohl aber 4 bis 8 spitze, behaarte Trag- bzw. Hüllchenblätter („Hüllchen“) am Grunde der Döldchen.

Wenn ihr ganz genau schaut, könnt ihr diese auf dem Foto unterhalb der kleinen Blütlein erkennen. Seht ihr die Hüllchen?

Skizze Spaltfrucht Wiesen-Kerbel mit 2 Griffeln

Der unterständige Fruchtknoten des Wiesen-Kerbels ist aus zwei verwachsenen Fruchtblättern aufgebaut, aus denen sich die zweigeteilte „Spaltfrucht“ entwickelt.

Ich habe nochmals eine Skizze für euch gemacht, da ich kein gutes Foto hatte.

Die Spaltfrüchte sind länglich, kahl, haben zwei kurze „Griffel“ und werden etwa 1 cm lang. Zuerst sind sie grün, später werden sie dunkelbraun, fast schwarz. Mit der Samenreife zerfallen sie in zwei Teile.

Wiesen-Kerbel mit Blütenständen (Doppeldolden) und noch grünen Spaltfrüchten

Wenn ihr das Foto etwas vergrößert, könnt ihr hier die noch grünen Spaltfrüchte mit den kleinen Griffeln erkennen. Sobald ich reife Früchte des Wiesen-Kerbels entdecke, werde ich eine Makroaufnahme machen, um sie hier einzufügen.

So, meine Lieben, das war heute eine etwas genauere Betrachtung des Wiesen-Kerbels mit massenhaft Fachbegriffen.

Alblinsen-Curry mit Wiesen-Kerbel

Nun endlich zum versprochenen Rezept …

Und falls ihr euch nicht an den Wiesen-Kerbel heranwagt, ersetzt ihn durch Giersch oder Koriander. Beides schmeckt total lecker!

Alblinsen-Curry mit Wiesen-Kerbel

Alblinsen-Curry mit Wiesen-Kerbel

Zutaten:

250 g Alblinsen
1 EL dunkle Senfkörner
2-3 EL geklärte Butter (Butterschmalz)
3 rote Zwiebeln
2 Knoblauchzehen
1 TL Ingwer gerieben
½ Chilischote
½ TL Kurkuma
1 TL Kreuzkümmel
1 TL Curry
1 Tasse Kokosmilch
Salz, Pfeffer
100 ml Joghurt natur
Wiesen-Kerbel, junge, frisch ausgetriebene Blätter

Zubereitung:

Alblinsen in kaltem Wasser aufsetzen, erhitzen und 20 Minuten köcheln lassen. Die fertigen Linsen (Garprobe machen) zum Abtropfen in ein Sieb geben.

Senfkörner bei hoher Hitze in einem Topf ohne Fett anrösten, bis sie springen. Geklärte Butter zufügen und darin die fein gewürfelten Zwiebeln glasig dünsten. Gehackten Knoblauch, Ingwer, die entkernte, fein gewürfelte halbe Chilischote, Kurkuma und Kreuzkümmel zufügen. Mit Curry einstäuben. Kokosmilch einrühren und 3 Minuten köcheln lassen.

Die Linsen in den Topf geben und das Joghurt einrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Auf Tellern anrichten und grob gehackte Wiesen-Kerbel-Blättchen darüberstreuen. Gutes Brot dazu reichen.

Alblinsen-Curry mit Wiesen-Kerbel

Gebt gerne noch einen Klacks Joghurt auf euer Curry. Das ist für mich immer das i-Tüpfelchen.

Ich freue mich sehr, dass die Temperaturen in der kommenden Woche ein wenig sinken sollen. Und ich habe noch Ferien – ist das nicht wunderbar?!!!

Genießt das Wochenende und seid herzlich gegrüßt von

Regina

Disclaimer: Wer selbst Wildkräuter und -pflanzen sammelt und nutzt, muss in der Lage sein, die Pflanzen eindeutig zu erkennen. Bei Unsicherheit ist von der Nutzung unbedingt abzusehen! Die auf unserer Seite zur Verfügung gestellten Informationen sind sorgfältig zusammengetragen und recherchiert. Die vorgestellten Hausmittel und Rezepte ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Anwendung bei Babys, Kindern und Schwangeren sollte nur mit vorheriger Abklärung durch einen Arzt erfolgen. Bei unklaren, akuten, schweren und anhaltenden Gesundheitsbeschwerden reichen Hausmittel nicht aus und es sollte ein Arzt konsultiert werden. Das Nachmachen der Rezepte und die Anwendung unserer Tipps geschieht auf eigene Verantwortung.