Ich kann euch gar nicht genau sagen, wie ich auf die Idee kam, mich näher mit dem Waldsauerklee zu beschäftigen. Aber je mehr ich über ihn lese, desto interessanter finde ich das kleine Pflänzchen. Schon ab März könnt ihr die zartgrünen Blättchen des Waldsauerklees (Oxalis acetosella) in unseren schattigen Laub- und Nadelwäldern finden. Er bevorzugt frische bis feuchte, auch modrige Stellen (Baumstümpfe) mit eher sauren Böden und wächst dort gerne in größeren Gruppen.

Waldsauerklee

Ihr erkennt ihn leicht an seinen dreiteiligen, kleeartig gefiederten und lang gestielten hellgrünen Blättern. Die drei Teilblätter sind verkehrt herzförmig. Die filigranen Blättchen schmecken zitronig-säuerlich (ein wenig wie Sauerampfer, nur feiner).

Waldsauerklee

Für den Waldsauerklee gibt es ganz niedliche Bezeichnungen wie Hasenklee oder Kuckuckssalat. Sie erinnern mich daran, wie wir als Kinder beim Spielen im Wald die Kleeblättchen kauten. Wir fanden es ungemein spannend unser eigenes Essen zu finden. Im tiefsten Wald zu überleben, war also gaaar kein Problem für uns kleine „Entdecker“.

Waldsauerklee

Der Waldsauerklee kommt mit extrem wenig Licht aus. Er ist die schattenverträglichste unserer heimischen Blütenpflanzen. Bereits bei zehn Prozent des Tageslichtes erreicht er seine volle Fotosyntheseleistung und bei unter einem Prozent Tageslicht kann er noch überleben.

Austrieb Waldsauerklee

Er ist ein Frühblüher und holt sich nach dem Winter die benötigten Reservestoffe aus seinem unterirdischen Rhizom und der reich verzweigten, fleischigen Pfahlwurzel.

Offene Waldsauerklee-Blüte

Wusstet ihr, dass der Waldsauerklee zwei unterschiedliche Blütenarten hat? Das war mir neu.

Bisher waren mir nur die weißen, glockigen Frühlingsblüten aufgefallen, die mit ihren langen Stielen über den Kleeblättern zu schweben scheinen. Sie sind offen und für Bienen und Hummeln leicht zugänglich. Die lilafarbene Aderung und die gelben Flecken an der Basis der Kronblätter sollen die Bestäubung begünstigen. Als sogenannte Saftmale zeigen sie den Insekten, wo es den süßen Nektar zu holen gibt.

Waldsauerklee-Blüte

Später im Jahr bildet der Waldsauerklee geschlossene Blüten aus, in denen eine Selbstbestäubung (Kleistogamie) stattfindet. Vermutlich finden im dichtbelaubten Sommerwald zu wenige Insekten die kleinen Blüten am Waldboden, so dass der Sauerklee die Befruchtung dann einfach selbst übernimmt? Entstehen durch die fehlende Lichtmenge die kleineren, geschlossenen Blüten? Da müsste ich einmal einen unserer Biolehrer fragen. Auf jeden Fall werde ich in den nächsten Wochen die Augen offenhalten und nach den geschlossenen Blüten schauen…

Waldsauerklee-Blüten

Und dann gibt es noch eine weitere raffinierte Technik beim Waldsauerklee: Über Gelenke, die am Übergang der Blättchen zum Stiel sitzen und auf veränderten Zelldruck reagieren, kann der Waldsauerklee seine Blätter regenschirmartig zusammenfalten. Etwa bei starker Sonnenbestrahlung klappt er dann seine Fiederblättchen nach unten zusammen. D.h. er schützt sich vor Wasserverlust durch Transpiration, indem sich die Spaltöffnungen (Stoma) seiner Blattunterseiten aneinanderlegen. Auch bei Kälte, Erschütterungen oder am Abend könnt ihr das beobachten.

Waldsauerklee

Auch geschichtlich findet sich einiges über den Waldsauerklee. Erste schriftliche Nachweise, dass er als Heilpflanze angewendet wurde, findet man in den Aufzeichnungen des griechischen Arztes Nikandros von Colophon (um 150 v. Chr.).

Im Mittelalter war der Waldsauerklee derart beliebt, dass man ihn in England im 15. Jahrhundert sogar kultivierte. Er wurde als Zutat in Suppen, Spinat und Salaten verwendet. Erst als der Sauerampfer aus Frankreich eingeführt wurde, verlor der Sauerklee an Bedeutung. Klar, die großen Sauerampferblätter haben deutlich mehr Masse und machen die Ernte um einiges leichter.

Waldsauerklee-Blüten

Aus Waldsauerklee wurde auch bei uns bis ins 19. Jahrhundert hinein das Salz der Oxalsäure (Kleesalz) gewonnen, das zur Beseitigung von Tinten- und Rostflecken, zum Bleichen oder zum Putzen von Kupfer und Messing eingesetzt wurde. Hauptsächlich im Schwarzwald hatte sich eine Industrie zur Sauerklee-Verarbeitung angesiedelt. Die Gewinnung war enorm aufwändig: Für 500 g Säure musste man etwa 75 Kilogramm Sauerkleeblätter sammeln! Eine unvorstellbare Menge. Seit man dieses Salz auch synthetisch herstellen konnte, verlor der Waldsauerklee seine Bedeutung.

Waldsauerklee

Neben all diesen Besonderheiten und Geschichten möchte ich euch natürlich die Inhaltsstoffe des Waldsauerklees nicht vorenthalten. Er enthält einiges an Vitamin C, Schleimstoffe und Oxalsäure. Als Heilkraut hat er eine eher sanfte Wirkung, ist beruhigend, blutreinigend, fiebersenkend, harntreibend und kühlend.

Waldsauerklee

Waldsauerklee ist ein tolles Wildkraut und kann wunderbar in der Küche verwendet werden. Wir mögen seinen feinen und erfrischenden Geschmack ganz besonders.

Allerdings muss man wissen, dass man Waldsauerklee wegen der enthaltenen Oxalsäure nur in kleinen Mengen und nicht täglich verzehren darf. Oxalsäure kann, über einen längeren Zeitraum (mehrere Monate) regelmäßig eingenommen, zu Nierenschädigungen führen. Durch Abkochen und Abgießen des Kochwassers kann die Oxalsäure entfernt werden.

In kleinen Mengen ist der Verzehr jedoch auch roh absolut unbedenklich.

Geöffnete Waldsauerklee-Blüten

Die Blütezeit des Waldsauerklees ist von April bis Juni, seine frischen Blätter könnt ihr aber die ganze Saison über ernten.

Gesammelter Waldsauerklee

Ich verarbeite die säuerlichen Fiederblättlein sehr, sehr gerne in meiner Frühlings-Küche. Zum Sammeln sollte man etwas Zeit einplanen. Es dauert, bis man 100 g zusammen hat. Aber die Mühe lohnt sich. Das Aroma des Waldsauerklees muss man einfach mal getestet haben!

Waldsauerklee

In den letzten Wochen hab‘ ich einige neue Rezepte ausprobiert und bin begeistert, was man aus den kleinen Kleeblättern Leckeres produzieren kann.

Darüber werde ich demnächst berichten…

Waldsauerklee-Blüte

Vielleicht habt ihr am Wochenende einmal Lust, euch den Waldsauerklee genauer anzuschauen?

Startet schön in den Mai und bleibt gesund!

Herzliche Grüße von

Regina