Am 02. Februar war Lichtmess – ein Tag, an dem schon unsere Vorfahren den Beginn des Frühlings und die Rückkehr des Lichts feierten. Und tatsächlich, die Tage werden nun spürbar länger. Wenn ich morgens zur Schule gehe, ist es mittlerweile richtig hell. Wie gut das tut! Man hat sofort mehr Schwung.
Mariä Lichtmess war bis ins 20. Jahrhundert hinein ein wichtiger Feiertag, mit dem in der katholischen Kirche die Weihnachtszeit endete.
An diesem Tag begann ganz traditionell das Arbeitsjahr der Bauern, es entschied sich, ob Knechte und Mägde weiterhin auf dem Hof arbeiten durften oder sich eine neue Dienststelle suchen mussten.
Viele volkstümliche Bräuche, Sprichwörter, Reime und Wetterregeln beziehen sich auf diesen Festtag.
„Wenn’s an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit.
Ist es aber klar und hell, kommt der Lenz noch nicht so schnell“
alte Bauernregel
Die Natur erwacht spürbar. Vor ein paar Tagen konnte ich es kaum mehr erwarten nach draußen zu gehen. Ich musste unbedingt schauen, was schon aus der Erde spickelt.
Heute nehme ich euch einfach mal mit auf meinen ausgiebigen Februar-Spaziergang…
Am Waldrand, gleich hinter den Dauergärten, entdeckte ich die Silberblättrige Goldnessel (Lamium argentatum) mit ihrem auffällig panaschierten Laub.
Sie war ürsprünglich eine Gartenpflanze, die dann irgendwann verwilderte. Wie alle anderen Nesseln gehört auch sie zur Pflanzenfamilie der Lippenblütler.
Die winzigen Pflänzchen, die auf meinem Pfad den kompletten Boden bedeckten, musste ich erst einmal identifizieren.
Bei den meisten konnte man nur die Keimblätter sehen. Doch dann fand ich einige Exemplare, die schon etwas weiter waren.
Könnt ihr die efeu-ähnlichen Blättchen erkennen? Was hier überall wuchs, war der Efeublättrige Ehrenpreis (Veronica hederifolia). Etwa ab März werden sich dann die wunderschönen, kleinen blauen Blütchen zeigen.
Für „normale“ Spaziergänger muss es ein amüsanter Anblick sein, wenn ich bei meinen Pflanzenbeobachtungen auf dem Waldboden rumkrieche. Schon jetzt waren die Knie meiner Wanderhose komplett durchweicht.
Nun, Wildkräuterbegeisterung hält auf jeden Fall beweglich 😉.
Schaut einmal, wie winzig die Brennnesseln (Urtica dioica) noch waren. Kaum größer als die Blätter des Scharbockskrauts.
Es war sooo schön bei Sonnenschein durch den Wald zu streifen! Ich bin immer wieder verblüfft, was es zu entdecken gibt.
Im aufgeweichten Boden sah ich frische Rehspuren.
Rehe gehören zu den Paarhufern. Sie treten mit zwei Zehen an jedem Fuß auf dem Boden auf. Das könnt ihr hier (neben den Rosetten vom Wald-Schaumkraut) ganz gut erkennen, oder?
Dann gab es ganze Teppiche mit Wechselblättrigem Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium). Das Milzkraut gehört zu den Steinbrechgewächsen und wächst am liebsten auf richtig nassen Böden.
An dieser Stelle kann ich euch ganz gut zeigen, wie schwierig es ist, frisch ausgetriebene Wildpflanzen im Frühjahr eindeutig zu bestimmen. Oft ähneln sich die Pflanzen in Blattform und -größe.
Sobald die trugdoldigen, gelbgrünen Blütenstände beim Milzkraut erscheinen, wird man die Pflanze nicht mehr verwechseln. Sind noch keine Blüten vorhanden, muss man andere Merkmale wie Blattrand, Hapitk, Geruch o. ä. miteinbeziehen.
Typisch beim Wechselblättrigen Milzkraut sind die nierenförmigen, tief gekerbten, glänzenden Blätter, die lang borstig behaart sind und wechselständig an einem dreikantigen Stängel sitzen.
Auf dem Foto seht ihr oben die kleinen Blätter des Milzkrauts, direkt daneben und darunter die deutlich größeren Blätter der Echten Nelkenwurz (Geum urbanum).
Die Nelkenwurz gehört zur Pflanzenfamilie der Rosengewächse. Man findet ihre grünen Blätter den ganzen Winter über. Gerade treibt sie wunderschöne Rosetten aus. Die jungen Blättchen nehme ich momentan sehr gerne als wilde Zutat für meinen Grünkohl-Smoothie.
Ich hatte schön des öfteren über die Echte Nelkenwurz geschrieben. Hier kommt ihr zur Beschreibung der Pflanze.
Wie gesagt, die Blätter der Nelkenwurz kann man auch in der kalten Jahreszeit sammeln. Andere Pflänzchen dagegen treiben im Frühling ganz frisch aus ihren Wurzeln aus und sind gerade noch winzig klein.
In der oberen Hälfte des Fotos seht ihr eine erste, noch zarte Rosette der Gewöhnlichen Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata).
Die Knoblauchsrauke gehört in die Pflanzenfamilie der Kreuzblütengewächse. Ihre Blätter schmecken, wie der Name schon sagt, wunderbar nach Knoblauch und enthalten eine Menge gesunder Senfölgykoside.
Auch die Blättchen der Knoblauchsrauke sind herz- bis nierenförmig und ähneln momentan seeehr den Blättern des Milzkrautes.
Knoblauchsrauke-Blätter haben allerdings keinen gekerbten sondern einen gebuchteten Blattrand. Die Blätter haben keine Härchen und man sieht deutlich die netzartigen Blattnerven. Das eindeutigste Erkennungsmerkmal ist jedoch der Geruch, der beim Zerreiben der Blättchen entsteht: Sie riechen auffällig nach Knoblauch.
Hier kommt ihr zu einer meiner Kräutertouren, bei der wir uns die Knoblauchsrauke schon einmal näher angeschaut hatten. Beim Picknick am Ende der Tour gab es passend dazu einen Datteldip mit Blättern und Wurzeln der Knoblauchsrauke.
Auch die jungen Blätter des Gewöhnlichen Scharbockskrauts (Ranunculus ficaria) könnte man auf den ersten Blick mit Milzkraut oder Knoblauchsrauke verwechseln. Sie sind aber richtig, richtig glänzend und haben eher einen gekerbten oder schwach gesägten Blattrand.
Hier kommt ihr zur genauen Beschreibung der Pflanze.
Als letztes Pflänzchen, das den anderen sehr gleicht, möchte ich mir den Gewöhnlichen Gundermann (Glechoma hederacea) mit euch anschauen.
Der Gundermann gehört zu den Lippenblütengewächse und enthält u. a. die für diese Pflanzenfamilie sehr typischen ätherischen Öle.
Der Blattrand des Gundermanns ist deutlich gekerbt. Unsere Dozentin sagte immer, gekerbt sehe aus wie „Schwungübungen“ bei einem Erstklässler.
Auch der Geruch, den man beim Zerreiben der Gundermann-Blättchen wahrnimmt, ist absolut typisch. Hat man ihn einmal geschnuppert, wird man das sicher nicht mehr vergessen.
Manche Menschen empfinden diesen Geruch als angenehm aromatisch, wie eine Mischung aus Minze und Lakritz. Für andere riecht Gundermann eher etwas moderig, ein bisschen nach Mottenkugeln (das ist auch meine Wahrnehmung beim Gundermann – trotzdem verwende ich ihn in meiner Küche, allerdings sehr, sehr sparsam und dezent).
Beim Weitergehen fiel mir auf, dass der ganze Boden im lichten Mischwald von Brombeerranken bedeckt war.
Brombeerblätter kann man im Winter tatsächlich sehr gut in der Wildpflanzenküche verwenden. Frische, grüne Blättchen landen auch in meinen Smoothies (die dornige Mittelrippe müsst ihr natürlich vorher entfernen).
Selbstverständlich musste ich auch bei der Pfaffenrinne vorbeischauen. Die Magerwiese zeigte sich noch winterlich. Kaum vorstellbar, welche Blütenpracht man hier im Sommer findet.
Ich schaute mir die Aushubarbeiten an, die nötig waren, um die Teiche von Rohrkolben und Schilf zu befreien. Damit möchte man einer Verlandung entgegenwirken. Das Gewässer ist ein wichtiges Laichgebiet von Gelbbauchunken und anderen Amphibien.
Die Spur der Bagger sah schon etwas übel aus. Doch man konnte auch erkennen, dass man versucht hatte achtsam vorzugehen. Ich bin mir sicher, dass sich die Magerwiese bald wieder erholt haben wird.
Wie robust der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor) doch ist! Seine Rosetten findet man hier auch im Winter. Er hatte schon viele frische Fiederblättchen ausgetrieben.
Der Wiesenknopf ist ein Vertreter der Rosengewächse und hat ein wundervoll nussiges Aroma. Sehr lecker in Quark oder Salaten!
Auch das Gänse-Fingerkraut (Potentilla anserina) war schon wieder da. Nochmal ein Rosengewächs.
Vor kurzem hatte ich eine sehr spannende Fortbildung über „Wurzeln im Winter“. Die Wurzeln des Gänsefingerkrauts wurden früher in Notzeiten als Gemüse verzehrt. Gekocht schmecken sie ähnlich wie Möhren, geraspelt sind sie eine tolle,
Vitamin-C-reiche Zugabe in Salaten.
Wärmende Sonnenstrahlen fielen durch die Bäume im Auwäldchen.
Die ersten Blättchen der Weißen Taubnessel (Lamium albun) waren auch schon zu sehen.
Die Weiße Taubnessel hat ein bisschen Ähnlichkeit mit der Brennnessel. Ihre gesägten Blätter fühlen sich allerding ganz weich und samtig an.
Taubnesseln gehören, wie der Gundermann, zur Familie der Lippenblütler.
Ohhh wie schön – der Gewöhnliche Giersch (Aegopodium podagraria) spickte schon aus der Erde!
Wie zart doch die ersten Blättchen sind!
Der Giersch ist eindeutig einer meiner Lieblinge und darf in der Wildpflanzen-Küche nicht fehlen.
Dann schaute ich bei meiner Bärlauch-Stelle vorbei. Vom Bärlauch lugten nur wenige Zentimeter aus dem Erdreich. Bis zur ersten Ernte werde ich mich noch etwas gedulden müssen.
Einer der giftigen Verwechsler des Bärlauchs war schon deutlich weiter. Der Gefleckte Aronstab (Arum maculatum) hatte sich bereits gut entwickelt.
Auf dem oberen Foto könnt ihr sogar die Knospe sehen, die noch in das Hüllblatt eingerollt ist.
An vielen Stellen in unserem Wald wachsen Bärlauch und Aronstab kunterbunt durcheinander. Darum ist es absolut wichtig, beim Sammeln des ersten Grüns besonders achtsam vorzugehen. Ich betrachte jedes Blatt und sammle in gemächlichem Tempo.
Hier kommt ihr zu einer Beschreibung des Bärlauchs und seiner giftigen Verwechsler.
Am Ufer der Murr sah man noch die alten Stängel des Japanischen Staudenknöterichs (Fallopia japonica) vom letzten Jahr. Der Staudenknöterich zählt zu den invasiven Neophyten, die als problematisch bewertet werden.
Doch er hat auch andere Seiten. Kulinarisch finde ich ihn total spannend.
Die jungen Triebe haben etwas von Rhabarber und lassen sich ganz wunderbar in asiatischen Gerichten, Suppen, Chutneys oder auch in Desserts verwenden.
Hier kommt ihr zu meinem Rezept für Schmandkuchen mit Staudenknöterich.
Unten am Wasser war es schon sooo warm. Herrlich, die Frühlingssonne!
Die männlichen Kätzchen der Erle begannen sich zu öffnen.
Ich war umgeben von Wasserrauschen und Vogelgezwitscher.
Das wundervolle Wetter wollte ich richtig genießen und suchte mir ein schönes Plätzchen am Flussufer. Eine wohltuende Pause mit Artemisia-Tee.
Hier hätte ich noch ewig sitzen können.
Über solche wilden Hecken freue ich mich immer – sie sind ein wichtiger Lebensraum für die unterschiedlichsten Tiere.
Schließlich machte ich mich entlang des Uferpfades auf den Rückweg.
In meiner Kindheit war hier unser bevorzugtes Revier. Wie tief sich der Fluss seitdem in die Erde eingegraben hat – nun ja, meine Kindertage sind doch schon eine ganze Weile her 😉 .
Auch der Stinkende Storchschnabel, das Ruprechtskraut (Geranium robertianum) war bereits schön entwickelt.
Genau wie beim Gundermann, scheiden sich auch beim Stinkenden Storchschnabel die Geister: Viele empfinden seinen Geruch, wie der Name schon sagt, als stinkend. Für andere riecht er aromatisch und angenehm.
Der Stinkende Storchschnabel ist eine wertvolle Heilpflanze u. a. bei Haut- und Verdauungsproblemen. Ihr könnt ihn aber auch wunderbar in der Wildkräuter-Küche nutzen. Probiert es aus, er schmeckt tatsächlich lecker.
Ein kurzer Blick zurück auf den wurzelüberzogenen Pfad.
Oh schaut einmal, auch der Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella) wuchs schon üppig!
Der Wald-Sauerklee ist ein spannendes Pflänzchen, das ich sehr schätze. Ich habe schon einiges über ihn geschrieben. Hier könnt ihr manches nachlesen.
Ja, den Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium) findet man auch in unserem Wald. Nicht ganz typisch, aber er scheint sich hier wohlzufühlen.
Er gehört, wie der Giersch, zu den Doldengewächsen.
Wiesen-Bärenklau wird mir in den letzten Jahren immer wichtiger. Ich verwende seine Blätter, Stängel, Blüten und Samen häufig in unterschiedlichsten Rezepten.
Hier hatte ich ihn schon einmal recht ausführlich beschrieben.
Nun war ich schon einige Stunden im Wald unterwegs.
Eigentlich wollte ich berghoch einen schmalen Trampelpfad einschlagen, entschied mich dann aber für den breiten Waldweg – hier war noch wundervolle Sonne.
Ein kleines „Fichten-Baby“ am Wegesrand.
Baumkeimlinge zeige ich meinen Kindergruppen besonders gerne. Was mag ein solcher Winzling alles erleben, bis aus ihm ein großer Baum geworden ist?
Auf der Wiese entdeckte ich dann eine große Stelle mit frischer Schafgarbe (Achillea millefolium). Zart und knackig grün treiben die fein gefiederten Blättchen aus der Mitte der Rosette aus.
Die Schafgarbe gehört in die Pflanzenfamilie der Korbblütengewächse und ist eine meiner Lieblingspflanzen.
Abgesehen von ihrer großen Heilkraft hat sie ein wunderbar aromatisches, intensives Aroma.
Neben der Schafgarbe blühten schon die Gänseblümchen (Bellis perennis).
“Ewig schön” ist die deutsche Übersetzung des lateinischen Namens. Passt das nicht wunderbar zu den zarten Blütenkörbchen?
Apropos Blütenkörbchen – auch das Gänseblümchen gehört zur Familie der Korbblütengewächse. Das kann man gut erkennen, oder?
Gänseblümchen gelten nicht nur bei uns als Frühlingsboten:
„spring’s come when you can step on seven daisies.“
aus England
Beim nächsten Spaziergang werde ich sie mal zählen, die Gänseblümchen…
Ich wünsche euch einen guten Start in eine schöne, hoffentlich etwas sonnige Woche!
Herzliche Grüße von
Regina